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15 Die Ballade vom armen Strupp Februar 1958


Der Verdiente Dichter des Volkes Nixus Talentus bringt gerade unter schwersten Wehen eine herzerweichende Ballade über die großen Entbehrungen des Poetendaseins zur Welt.
 
Heute singe ich und bringe meine Klage zu Gehör.
Ach, ein Dichter hat es schwer.
Stets erfüllt ihn mit Empörung
irgendeine neue Störung.
Lüri Lüri, Tsing Tsang Tsei,
aus ist's mit der Dichterei.

In der Sonne,
welche Wonne,
lag ich lang,
schrieb und sang.
Aber plötzlich piekte mich
ein gar schlimmer Sonnenstich.
Lüri Lüri, Lürilei,
aus war's mit der Dichterei.

Als der Mond schien
und belohnt schien
all mein Sehnen
nach dem Schönen,
machte mich sein Glänzen süchtig,
vom Balkone fiel ich richtig.
Lüri Lüri, Ping Pong Pei,
aus war's mit der Dichterei.

Fuhr aufs Land
und erfand
auf der Wiese
eine Ode ans Gemüse,
als mich dort ein Ochse sah.
Wie ein Wiesel lief ich da -
Lüri Lüri, Hopp di dei,
aus war's mit der Dichterei.

Und ich ahne,
auch im Kahne
auf dem Meere
fiel mir's schwere,
denn käm' nur ein leichter Seegang,
wär' ich gleich darauf schon seekrank -
Lüri Lüri, wei oh wei,
aus wär's mit der Dichterei.

Könnt' alleine
nur beim Weine
ungehindert singen, dichten;
doch darauf muss ich verzichten,
weil es mir doch nie gelingt,
dass mir Geld im Beutel klingt -
Lüri Lüri, kling klang klei,
schwierig ist die Dichterei.

Des Dichters Ergüsse, vor allem wohl sein vollendeter Gesang, locken eine große Meute kunstverständiger Hunde auf den Plan, die ihm die kreative Phase durch Heulen und Jaulen gehörig vergällen. Auch Wassergüsse und Latschenwürfe fruchten hier nicht, die Nerven des Künstlers liegen blank. Mit Müh' und Not stellt er seine Elegie noch fertig.
Doch fürderhin will er von den garstigen Kötern unbehelligt reimen dürfen.
So sucht er den Hundefänger Abbubus auf, der den Auftrag für 100 Sesterzen ausführen soll.
Es gelingt den Hundehäschern auch, alle Tiere einzusammeln.
Nur der pfiffige Strupp bleibt in Freiheit und alarmiert die Kinder des Wohngebiets.
Die Rasselbande beschließt, die Bellos wieder zu befreien.
Abbubus ist gerade mit seinen Kumpanen bei einem fröhlichen Zechgelage, wo sie sich die eingenommenen Sesterzen hinter die Knorpel schütten.
 
So reich mir, Wirt, den Weinschlauch her,
mein Becher ist schon lange leer,
es brennt die trock'ne Kehle!
Ich bin ja auch kein Dromedar,
was dreimal trinkt im ganzen Jahr,
das können nur Kamele!

Als der letzte Reim verklungen ist, stürzt Strupp in die Veranstaltung und verwüstet die Tafel. Die trunkene Meute verfolgt ihn rachsüchtig durch die Straßen, derweil befreien die Kinder die eingesperrten Hunde und bringen sie in Sicherheit. Nachdem die Tiere mit Futter versorgt sind, hauen sich die Kinder aufs Ohr.
Am nächsten Morgen steht die Ernährungsfrage wieder im Vordergrund: Im Zirkus Digedag verdienen sich die Tiere ihr Schappi selbst, man könnte doch die Hunde für ein Entgelt dem Publikum vorführen. Es werden also allerlei Kunststücke eingeübt, die Testvorstellung auf der Straße erzeugt einen Menschenauflauf. Die Digedags sind gerade wieder auf Werbefeldzug in der Stadt unterwegs und bemerken die ungewöhnliche Versammlung. Nachdem sie die Dressurnummer gönnerhaft betrachtet haben, wird das Ansinnen der Kinder, im Zirkus auftreten zu dürfen, rüde abgeschmettert. Die Kinder sind zwar sauer, aber nicht so einfach ins Bockshorn zu jagen.
Mit List entern sie das Schiff, die Vorstellung läuft bereits. Beim Betrachten des riesigen Zuschauerareals fällt ihnen dann doch das Herz in die Hosen. Die Digedags sind aber einer mittleren Verzweiflung nahe, denn Colombine, die jodelnde Kuh wird von fürchterlichem Schluckauf geplagt. Das ist die Chance für Kinder und Hunde, die man sich nicht entgehen lassen darf; so stürmen sie die Manege. Nach Darbietung des akrobatischen Teils folgt als Zugabe und Krönung

"Die Ballade vom armen Strupp"

Spiele, lieber Leiermann,
stimme die Ballade an,
wie's dem armen Strupp erging,
als er einen Räuber fing.

Bei dem schönsten Sonnenscheine
ging Lavinia ganz alleine
in den Wald, von Pips begleitet,
den sie an 'nem Kettchen leitet.

Plötzlich aber springt ein Strolch
auf sie zu mit einem Dolch.
Hilfe - rief Lavinia kläglich,
Pips verschwand so schnell wie möglich.

Hungrig saß mit leerem Bauche
Strupp beim Hagebuttenstrauche,
als Lavinias Schrei erschallt
durch den menschenleeren Wald.

Wie ein Himmeldonnerwetter
fegt durch Gras und Laub der Retter,
springt dem Räuber mit Gebell
an sein krummes Gehgestell.

Seht, der feige Lump entwetzt,
seine Hose ist zerfetzt.
Doch die Maid im Ohnmachtskrampfe merkte nichts von diesem Kampfe.
Pips, noch käsig vom Entsetzen,
sieht des Räubers Hosenfetzen,
schnappt ihn sich mit schlauem Sinn
und tritt so vor's Frauchen hin.

Wie ihr Blick nun auf ihn fällt,
ruft sie: "Du mein kleiner Held!
Unerhört ist's, was du wagtest,
als du diesen Kerl verjagtest."

Strupp, der sah's mit Mißvergnügen:
"Wetter, kann der Bursche lügen.
Doch ich misch mich da nicht ein,
was ich kann, weiß ich allein."

Pips dagegen, der Verwöhnte,
der uns Arme oft verhöhnte,
eignet frech den Ruhm sich an,
den der arme Strupp gewann.

Das gesamte Publikum rast vor Begeisterung. Selbst Nixus Talentus lobt die Hunde in den höchsten Tönen, wahrlich ein immenser Unterschied zu den allnächtens plagenden Tölen.
Der römische Kaiser lädt in seiner Überschwänglichkeit die Digedags an seinen Hof ein. Daß dies für die Digedags ein recht zweifelhaftes Vergnügen sein wird, ahnen sie noch nicht.
Immerhin hat sich die Hundetruppe damit eine Festanstellung im Zirkusprogramm verdient.
 



 
Nummer 15 ist mit Abstand das lyrischste aller Mosaikhefte.

Es ging hier jedoch nicht nur um den Hofdichter des römischen Kaisers, vielmehr hing ein echtes Dichterschicksal am Heft.
Der Hofdichter des Mosaik war bislang der Autor Nils Werner
( Lulalei- und Johnny-Saga ) gewesen. Da Meister Hegen aber mit der von Werner beigesteuerten Ballade ganz und gar nicht zufrieden war, ergab sich hier die Chance für Lothar Dräger. Er arrangierte das Werk neu und fand Anerkennung bei Hegen. Fortan durfte sich Lothar Dräger als Hofdichter betrachten. Noch viele schöne Verse aus seiner Feder folgten in den späteren Mosaiks.

Nils Werner machte sich mit unzähligen Kinderbüchern einen Namen, unter anderem mit "Alarm im Kasperletheater", nach dem auch einen Zeichentrickfilm entstand.

"Was hat der Teufel da nun wieder angerichtet? Die Pfannkuchen für Großmutters Geburtstag gestohlen! Im Kasperltheater sind alle in heller Aufregung. Kasperle, König Zipfelbart, Gretel, Räuber Fridolin, Schutzmann Schill, Kräuterhexe Adelheid und das Krokodil unternehmen eine wilde Verfolgungsjagd."

Ich erinnere mich noch an den allgemeinen Vorwurf: "... er hat sie alle alleine gegessen!"

 

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