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Sofort
ins Auge sticht dem Besucher unserer Oberlausitz die liebreizende
Architektur der Häuser. |
Diese Häuser sind gewissermaßen eine Kreuzung zwischen den Blockstuben
slawischer Herkunft und den alten fränkischen Fachwerkhäusern.
Praktisch eine frühe Vereinigung von Ost- und Westarchitektur.
Das klingt zwar ziemlich schlüssig, muß aber durchaus nicht so sein.
Auch eine weitere Entstehungstheorie, die davon ausgeht, daß
Blockstube und restliches Haus nur getrennt wurden, um die
Erschütterungen des Webstuhls (der gewöhnlich in der Blockstube steht)
nicht auf das restliche Haus zu übertragen, ist umstritten. Und dann
wird noch die Meinung vertreten, daß die Konstruktion wegen der
unterschiedlichen Trocknungseigenschaften von horizontal und vertikal
verbautem Holz erforderlich ist.
Eine einleuchtende Erklärung, warum die Umgebindehäuser so und nicht
anders gebaut sind, steht also noch aus. Zumal es auch in anderen
Ecken Europas noch Einzelstücke dieser Bauart gibt. Aber sicher steckt
in allen "Theorien" ein Körnchen Wahrheit. |
Die Umgebindehäuser zählen
neben den in der Oberlausitz ebenfalls vorkommenden Fachwerkhäusern zu
den wichtigsten und schönsten Gebäuden der hölzernen Architektur.
Die Wände einer Blockstube setzen sich üblicherweise aus viereckigen
Holzbalken zusammen. Das sogenannte Umgebinde umschließt diese
Blockstube.
Es
besteht aus Ständern, das heißt vorgesetzten vertikalen Balken, die auf
Steinsockeln ruhen. Die obere Verbindung wird aus waagerechten
Balken gebildet, die an den Ecken noch verschiedenartig
miteinander verbunden sind. Dieses Umgebinde verstärkt die
Blockwände und ist gleichzeitig das Tragegerüst für Obergeschoss
und Dach. |
Obergeschoß und Giebel sind in Fachwerk-Bauweise ausgeführt und
oftmals noch mit mehrfarbigen Schieferplatten verkleidet. Verschönert
werden die Häuser durch Holzverzierungen sowie Türstöcke aus Sandstein
oder Granit sowie schmiedeeiserne Fenstergitter. Es gibt jedoch,
territorial verteilt, leicht abweichende Typen von Umgebindehäusern,
die sowohl ein- als auch zweistöckig sein können. |
Mehrere tausend
Umgebindehäuser auf dem Gebiet der Oberlausitz, in Niederschlesien und
in Nordböhmen (ca. 7000 auf deutschem und etwa 12000 Häuser auf seit 1945
polnischem und tschechischem Territorium) bilden ein abgeschlossenes
Gebiet einer einzigartigen volkstümlichen Architektur inmitten
Europas; zugleich ein Zeugnis für die Bodenständigkeit der
Bewohner und die Verbundenheit mit ihrer Heimat.
Das Areal des konzentrierten Auftretens von Umgebindehäusern verläuft im Uhrzeigersinn etwa um folgende Orte:
Görlitz - Lauban -Schreiberhau -Turnau - Böhmisch Leipa - Bad
Schandau - Bischofswerda - Bautzen - Görlitz. Filetstück ist die Gegend um
Zittau/Löbau, dort herrscht die größte Dichte.
Oderwitz besitzt etwa 450 Umgebindehäuser. Obercunnersdorf mit rund
240 Umgebindehäusern steht als gesamte Ortschaft unter Denkmalschutz.
Leider lässt nicht nur die Entstehung der Häuser einige Fragen offen,
auch die Zahlen der noch verbliebenen Umgebindehäuser gehen in den
verschiedenen Publikationen etwas auseinander. |

Die Blütezeit des Hausbaus
erstreckte sich im wesentlichen vom 17. bis zum 19. Jahrhundert.
Schriftlich nachweisbar ist die Entstehung der ersten Häuser im 16.
Jahrhundert (1580).
Die meisten der heute noch präsenten Häuser
stammen aus dem späten 18. und dem frühen 19. Jahrhundert. Ein
besonders altes, noch erhaltenes Umgebindehaus ist das "Reiterhaus" in
Neusalza-Spremberg.
Ursprünglich wurden die Häuser "Bundwerkhäusl" genannt, der Begriff "Umgebindehaus"
entstand erst im 19. Jahrhundert, nachdem Fachleute das Thema
wissenschaftlich vereinnahmt hatten. |
Schon im 13. Jahrhundert etablierte sich
neben der
Landwirtschaft die Handweberei als ein wichtiger Zweig des Arbeitslebens in der
Oberlausitz.
Die im 16. Jahrhundert verstärkt aufkommende und über 300
Jahre andauernde traditionelle Hausweberei spielte sich ausschließlich
in den
Blockstuben dieser Umgebindehäuser ab.
Um das Jahr 1700 herum waren die
Webstühle am meisten beansprucht.
Gegen 1880 wurde es langsam
ruhiger in den Häusern, denn der
technische Fortschritt des 19. Jahrhunderts ließ der oberlausitzer
Hausweberei keine Chance zum Überleben. |
Pfiffige
"Marketing-Spezialisten" haben für unsere Gegend kürzlich den
Kunstbegriff "Umgebindeland"
ausgeschwitzt, auf den ein Außeroberlausitzscher mit
Unverständnis reagieren muß.
Mit gleichem Anspruch
könnten die gräßlichen, landschaftszerstörenden Installationen der trendigen
Windräderlandschaft auch "Windland"
genannt werden. Das ist inhaltlich und
sogar ökonomisch, milde ausgedrückt, der gleiche Unfug.
Aber eigentlich sollte man doch dankbar sein, daß man das Ganze nicht im
derzeit hippen Inglisch als "round bundle country"
nennt. |
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