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36 Harte Schule November 1959


Dag ist sowas von angefressen, daß er als gestandener Raumflieger für ein popeliges Kleinflugzeug nochmals die Schulbank drücken soll.
In der Nachwuchsfliegerschule der republikanisch-neonischen GST ist gerade Freizeitbeschäftigung befohlen worden. Ein Teil betreibt Körperertüchtigung, manch einer gammelt und Fluglehrer Turbo versucht eine grasende Kuh auf seine Leinwand zu kleistern. Beim Bogenschießen wird Kamerad Heini



(Heini scheint aus dem Film "Quax, der Bruchpilot" entliehen zu sein und er trägt auch gewisse Züge des Hauptdarstellers) furchtbar gemobbt. Der steten Hänseleien überdrüssig, legt er auf Turbos Gemälde an und trifft prompt ins Schwarze. Die echte Kuh sucht ihr Heil in der Flucht. Als Meister Turbo zurückkommt, ist er zwar ärgerlich, aber er reagiert furchtbar verständnisvoll. Da kann sich selbst die Waldorf-Schule eine Scheibe abschneiden. Seine Malerei sei zwar nicht schön, aber schließlich ein guter Streß-Abbau für einen geplagten Pädagogen.
Der beflissene Dig läßt den Lehrerversteher raushängen. Nach Turbos Ansprache ist Schluß mit lustig, vormilitärisch korrekt bläst er zum Sammeln. Dag kann sich eine gewisse Stänkerei natürlich nicht verkneifen. Als kleine Schikane, Dig deutet es als Förderung des Gemeinsinns, soll ein Segelflugzeug mit Heini als Piloten durch den Schnipsgummi gestartet werde. Heini, immer noch gekränkt durch Turbos Anschiß, rächt sich an der Gemeinschaft. Als das Seil richtig schön gedehnt ist, klinkt er aus, und alle Spanner fallen auf die Klappe. Dafür soll Heini auf der Stelle gemaßregelt werden.
Turbo verhindert die exzessive Entwicklung und geht tief enttäuscht zum theoretischen Teil des Unterrichts über. Im Klassenzimmer gibt es wieder Streit zwischen Dig und Dag, die bekanntlich unterschiedliche Ansichten zur Leninschen Devise des Lernens haben. Da Dag die Wirkungsweise des Segelfluges nicht erklären kann, folgt jetzt eine lehrreiche Abbildung zur Strömungslehre. Turbo läuft sich sich an der Tafel den Wolf, die dommen Schöler verzapfen im Hintergrund nur Unsinn. Einzig Dig lauscht seinem Idol und vermiest seinem Kumpel Dag die Freude am Kreuzworträtsel. Endlich prügeln sich die beiden auch mal, dies schöne Bild soll in späteren Heften noch wiederholt vorkommen.
Nun folgt eine Doppelseite mit allerlei im Flugwesen üblichen Aggregaten. In diesem Heft stellt sich auch der neue Erklärbär "LEXI"(kon) dem Leser vor, er weiß "ungeheuer viel". Wir werden leider noch öfter von ihm zu hören bekommen.
Turbo hat natürlich bemerkt, daß sich Dig und Dag spinnefeind geworden sind. Um die beiden wiederzuvereinigen, ordnet er einen gemeinsamen Übungsflug an. Kann ja nicht gutgehen, denn Dag ist weiterhin renitent gegenüber Digs wohlgemeinten Hinweisen zum Flugverhalten eingestellt. Die Auseinandersetzung gipfelt in Digs unfreiwilligem Spaziergang im Luftraum. Nun schwört auch der ansonsten so milde Dig Rache.
Des Nachts, als Dag schon seiner, Ratzeritis frönt, wird er von mehreren Verschwörern mit Turbos Farben angestrichen. Dieses besondere Vorkommnis gibt aber auch dem Fluglehrer den Rest. Turbo hat die Nase gestrichen voll von diesen undisziplinierten Kadetten und will einen Ersatzlehrer einfliegen.
Am nächsten Morgen hört man beim Frühstyx-Radio, daß (etwa im Oderbruch?) eine Überschwemmungskatastrophe eingetreten ist. Bruchpilot Heini will sich profilieren, schnappt sich ein Flugzeug und düst heimlich von dannen. Niemand außer den Digedags hatte schon Flugstunden. Turbo ist noch auswärts, also müssen die beiden als letzte Wahl herhalten. Für so einen wichtigen Einsatz verträgt man sich erst mal wieder, schließlich können die Digedags Prioritäten setzen.
Im Hochwassergebiet lokalisieren sie Heini und eine Familie auf dem Dach eines Hauses. Heinis Flugzeug ist schon zum U-Boot geworden. Das abgeworfene Schlauchboot ist gut platziert. Doch was die Hausbrüchigen nicht sehen können; hinter einem Bahndamm ergießt sich das Naß in die Tiefe. Nun müssen auch die Digedags eine Notlandung einleiten, um die Leute zu retten. Der erste Preis der Flugschau endet mit der Nase im Schlamm. Kurz vor dem Katarakt wird das Boot abgefangen, die Leute retten sich auf eine Anhöhe.
Die Digedags und Heini müssen nun zu Fuß Hilfe holen. Die Bahnstrecke bietet sich als Spur in bewohntere Gegenden an.
In dichtem Nebel machen sie nähere Bekanntschaft mit einem elektrischen Weidezaun und einer Bahnschranke. Das Bahnwärterhaus ist schon verlassen und das Telefon tot, nur ein Pappkamerad mit der Physiognomie von Theo Lingen hält einsam die Wacht. Nicht lange hin, vernehmen sie Motorengeräusch. Natürlich, Tonio Turbo kommt, auf den ist immer Verlaß.
Landung und Start sehen bei einem Profi natürlich ganz anders aus als bei lausigen Amateuren. Dag leistet reumütig Abbitte. Leider zu spät, denn Turbo steht als Lehrer nicht mehr zur Disposition, er wird wieder als Testpilot gebraucht.
 
Beilage:
Klaus und Hein erzählen aus dem Pionierleben - Freitag der Dreizehnte (Onkel Theo frönt dem Aberglauben)

Rückseite:
Wettflug mit Muskeln und Maschinen, Fliege bis Rakete

Die GST
Bereits 1952 gegründet, hatte die GST (Gesellschaft für Sport und Technik - Klingt doch eigentlich ganz interessant!) die Aufgabe, die vormilitärische Ausbildung und Wehrerziehung zu übernehmen. Anfangs noch freiwillig, konnte zum Beispiel unter deren Schirmherrschaft solchen exotischen Leidenschaften wie der Fliegerei und Funkerei gefrönt werden.
Ende der 60er Jahre war's vorbei mit der Freiwilligkeit. Wer etwas vom Staat wollte (Abitur, Lehre, Studium), der hatte auch die verdammtige Pflicht, sich der "sozialistischen Wehrerziehung" zu unterwerfen. Die GST wurde zu einer der sogenannten "Massenorganisationen". Hauptaufgabe war, neben den Bemühungen von professionellen Werbern der NVA und der FDJ, die männlichere Jugend für den längeren Dienst (der allseits beliebte Grundwehrdienst bedurfte keinerlei Werbung) in der NVA zu stimulieren.
Aus diesem Grund wurde die GST direkt dem Ministerium für Nationale Verteidigung unterstellt. Wer, wie schon oben angedeutet, etwa Ambitionen für ausgefallene Sportarten wie Segelflug oder Amateurfunk besaß, kam ebenfalls nicht um die Mitgliedschaft herum.
Praktisch sah das für den normalen Besucher der Erweiterten Oberschule so aus, daß neben kontinuierlichen Veranstaltungen innerhalb der Vollmitgliedschaft auch ein paar lustige Wochen in einem GST-Lager vorgeschrieben waren. Garantiert waren miserable Unterkunft und lausige Verpflegung, jedenfalls im GST-Lager "Junge Patrioten" in Schirgiswalde.
Eine Bestrafung außer der Reihe gab es für die nächtliche Betrachtung von 30 Sekunden Fernsehübertragung. Am 20. Juli 1969 wurden im tschechischen Fernsehen die ersten Schritte Armstrongs gezeigt. Ich frage mich noch heute, WER diese ersten Schritte gefilmt hat???

 

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